…und wie es dazu kam, dass wir unsere Kinder selbst im Lernen begleiten!
“Müssen die Kinder denn nicht zur Schule?”
Ist die häufigste Frage, die uns auf der Reise als Familie mit Kindern im Schulalter gestellt wird. Unsere häufigste und die kürzeste Antwort ist dann meistens:
“Ab und zu müssen unsere Kinder dringend aufs Klo. Alles andere im Leben ist eher eine Kann-Option und wir unterrichten unsere Kinder selber!”
Zu dieser kurzen Version gibt es natürlich auch die lange Version, von der wir Euch hier erzählen werden.
Als wir 2020 unsere Reise begonnen hatten, sollte es eigentlich nur eine Auszeit werden. Nach einem Jahr wollten wir zurück nach Hause kommen und das alte Leben weiterführen. Für dieses Jahr haben wir mit dem Schuldirektor und vor allem mit den Lehrern unserer beiden Kinder einen Deal ausgemacht. Wir sollten mit den Lehrern in Kontakt bleiben. Diese wollten uns mit den Themen und Materialien übers Internet versorgen und wir den Stoff an unsere Kinder vermitteln. Nach der Rückkehr würden die Kinder, ohne irgendwas verpasst zu haben, mit ihren alten Klassenkameraden den Schulweg weiter beschreiten. So war der Plan und alle beteiligten Personen waren voller Elan…
…Doch dann kam die Seuche und das deutsche Schulsystem geriet in Schieflage. Selbstverständlich gab es dadurch dann keine Zeit mehr für solche reisenden Ausreißer wie uns. Alle engagierten Lehrer hatten alle Hände voll zu tun, um ihre daheim gebliebenen Schüler zu versorgen und vergaßen uns vollkommen. Die restlichen, also desinteressierten Lehrer hatten uns bereits mit dem sich entfernenden Gebrumme eines 40 Jahre alten Dieselmotors abgehakt. Also haben wir selbst übernehmen müssen. Majka hat sich ins Zeug gelegt, ist die Lehrpläne für die Klassenstufen durchgegangen und hat online Materialien besorgt. Die provisorische Schule war geboren und lief sogar gut. Wir haben uns die Fächer geteilt. Ich (Kamil) habe den mathematischen und naturwissenschaftlichen Unterricht übernommen und Majka den Rest. Ganz ohne Druck und Prüfungen haben wir im Eins-zu-Eins-Unterricht den Stoff vermittelt.
Nach einigen Monaten war klar, dass keiner von uns zurück ins alte Leben wollte. Also haben wir uns Gedanken gemacht, wie es mit der Schule weitergehen sollte . Viele Wochen Recherche nach alternativen Bildungsmöglichkeiten und vor allem viele Gespräche mit den Kindern führten uns an staatlich anerkannte deutsche Fernschulen. Denn den Kindern war es sehr wichtig, eine offizielle Schule zu besuchen und zum Schluss ein Zeugnis zu erhalten. Dies war den Kindern sehr viel wichtiger als uns Eltern. Denn wir beide fanden es eigentlich ganz gut, wie es lief. Allerdings wussten wir nicht, wohin uns diese Reise führen sollte und der Gedanke, einen einfachen Wiedereinstieg in die Schule für unsere Kinder zu gewährleisten, hat uns überzeugt.
Das Prinzip: Kopf auf, rein damit, auskotzen und weiter geht´s!
Die Enttäuschung war stark. Wir haben für viel Geld ein veraltetes Schulsystem auf Tonnen von Papier gekauft. Die zwei großen Kisten an Makulatur hatten nix anderes im Sinn, als unter Druck den Kindern alles Mögliche in den Kopf zu hämmern, dies zu prüfen und mit weiterem Druckreiniger Platz für nächsten Stoff zu schaffen.
Da es den Rahmen hier sprengen würde, werden wir einzelne Artikel über unsere Erfahrungen verfassen, die Ihr demnächst auf unserem Blog findet.
Und nun?
Mittlerweile ist sogar den Kindern (scheiß) egal, ob und welche Noten sie bekommen. Sie haben erkannt, dass es wichtiger ist, etwas zu lernen, als ein Zeugnis zu erhalten. Also haben wir das Ruder erneut übernommen und machen Schule auf unsere Art. Der größte Vorteil bei uns ist, dass Majka im alten Leben Lehrerin war. Sie war eine von den Lehrern, die engagiert und motiviert ihre Schüler begleiten und dafür auch neue Wege gehen. Warum also nicht die Energie für seine eigenen Kinder nutzen? So haben wir für uns ein eigenes Prinzip entwickelt, mit dem wir alle zufrieden sind!
Unsere Herangehensweise stützt sich auf zwei Säulen. Einerseits beachten wir die Lehrpläne der Klassenstufen unserer Kinder und andererseits ihre Interessen. Die Gewichtung beträgt dabei 50:50.
Fächer wie Mathematik, Deutsch und Fremdsprachen sehen wir als Bereiche, die kontinuierlich auf den Vorjahren aufbauen. Hier halten wir uns mehr an die Lehrpläne. Somit ermöglichen wir unseren Kindern den Wiedereinstieg in das klassische Schulsystem, sollte es dazu irgendwann kommen. Diese Fächer sind unserer Meinung nach auch die Basis, um sich alles weitere Wissen selbstständig anzueignen.
Alle anderen Fächer betrachten wir als Interessensbereiche. Aus eigener Erfahrung und ALLEN Gesprächen mit befreundeten Erwachsenen sehen wir, dass nachhaltiges Wissen nur aufgebaut werden kann, wenn ein wahres Interesse am Thema besteht. Kinder möchten ihre Welt, die sie umgibt, begreifen. Dabei lernen sie am effektivsten, wenn ihnen etwas bedeutend erscheint. Dinge, die sie nicht interessieren, vergessen sie schnell wieder. Entscheidend für ein erfolgreiches und langanhaltendes Lernen ist die eigene, innere Motivation. Sie beschleunigt das Lernen erheblich und bedarf nur eines Bruchteils der ferngesehenen Schulzeit. Es lohnt sich, den Kindern die Entscheidung zu überlassen, was sie lernen. Aus dieser Erkenntnis bieten wir unseren Kindern in allen anderen Fächern einen Überblick der Themen an und konzentrieren uns viel stärker auf ihren Wissensdurst.
Denn ein Botaniker muss kein Flugzeug konstruieren und ein Arzt keinen Asphalt mischen können.
Die wichtigste Errungenschaft unserer momentanen Form der Schule auf Reisen ist, dass wir den Druck losgeworden sind. Wir haben mehr Zeit für Themen, die unsere Kinder interessieren und sie haben somit viel mehr Spaß am Lernen. Ein anderer wundervoller Effekt entsteht dabei auch noch. Die Kinder lernen selbstbestimmt Entscheidungen für ihr Leben zu treffen…
Und was soll aus den Kindern ohne Zeugnisse werden?
Aus Ihnen wird das, was sie werden möchten!
Es wird nicht gerne in den Schulen und in der deutschen Gesellschaft erzählt und somit weiß es kaum jemand! Aber jeder kann jeden schulischen Abschluss absolvieren, ohne jemals eine Schulbank gedrückt zu haben. Je nach Bundesland heißt dieses Verfahren z.B. Externenprüfung, Nichtschülerprüfung oder auch Schulfremdenprüfung. Gemeinsam haben sie den Grundsatz einer schulischen Reifeprüfung. Am Beispiel von Berlin kann sich also jede Person an einer beliebigen Schule anmelden, um sich für den mittleren Schulabschluss, die Berufsbildungsreife oder auch das Abitur prüfen zu lassen und bekommt dann auch die ach so wichtigen Zeugnisse für die bevorstehende Karriere! Sollte man sich vorher nicht sicher sein, ob der Wissensstand für die Wunschnote ausreicht, gibt es für jede Abschlussform Vorbereitungskurse privater Natur.
Wir haben 2020 unsere Kinder aus der Schule ins Wohnmobil gepackt und begleiten sie beim selbstständigen Lernen, während wir Europa bereisen. Hier schreiben wir über unsere Erfahrungen vom Ausbrechen und vom Leben auf 10m² als Familie mit “großen” Kindern, wobei uns die Unterstützung von Eltern bei der Lernbegleitung am Herzen liegt.
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