Plant Ihr eine Familienreise mit Schulkindern, die länger dauern soll, als nur die übliche Ferienzeit, gibt es mehrere Möglichkeiten mit dem Schulgesetz umzugehen. Während wir Euch im letzten Artikel etwas allgemein zum Umgang mit der deutschen Schulpflicht erzählt haben, wollen wir hier eine Alternative vorstellen.
Ist Eure Reise zeitlich begrenzt (z.B. durch Elternzeit oder Sabbatjahr) und die Rückkehr in das “ganz normale alte Leben” mit festem Termin eingeplant, könnte Euer Weg über eine Beurlaubung von der Schulpflicht gehen. Der Vorteil dieser Lösung ist, dass Ihr nicht überlegen und mit den Ämtern diskutieren müsst, wie in Eurem Fall die Fakten zum Thema Wohnung, Wohnsitz, Meldepflicht und gewöhnlicher Aufenthalt ausgelegt werden und somit die Schulbesuchspflicht beeinflussen.
Nach dem Schulgesetz der meisten Bundesländer haben Eltern das Recht ihre Kinder teilweise bis zu 2 Jahren vom Unterricht befreien zu lassen. Auch hierzu gibt es wiedermal 16 Regelungen, da Bildung Ländersache ist und jedes Bundesland sein eigenes Schulgesetz verfasst hat. Wie genau eine Beurlaubung bzw. Befreiung von der Schulpflicht in eurem Bundesland geregelt ist und wer für die Entscheidung zuständig ist, könnt ihr der folgenden Tabelle entnehmen. Der Link führt Euch direkt zum Download des jeweiligen Schulgesetzes.
Eine Beurlaubung vom Besuch der Schule ist lediglich in besonders begründeten Ausnahmefällen und nur auf rechtzeitigen schriftlichen Antrag möglich (§ 4 Abs. 1 SchulBesV BW).
Zuständig für die Entscheidung über die Beurlaubung (…) ist der Schulleiter.
Schülerinnen und Schüler können auf schriftlichen Antrag in begründeten Ausnahmefällen (…) vom Schulbesuch beurlaubt werden (§ 20 Abs. 3 BaySchO).
Die Schulleitung entscheidet über den Antrag.
Schülerinnen und Schüler können aus wichtigem Grund auf Antrag vom Unterricht beurlaubt (…) werden (§ 46 Abs. 5 SchulG Berlin).
Über Anträge auf Befreiung entscheidet die Schulleiterin oder der Schulleiter (…).
Über Beurlaubungen für ein ganzes Schuljahr informiert die Schulleiterin oder der Schulleiter die zuständige Schulbehörde.
Die Beurlaubung (…) kann nur aus besonderen Gründen auf schriftlichen Antrag der Eltern (…) erfolgen (§ 43 Abs. 8 BbGSchulG).
Entscheidungsbefugt für Beurlaubungen bis zu einer Dauer von drei Monaten ist die Schulleitung, für zeitlich darüber hinausgehende Beurlaubungen das staatliche Schulamt.
In besonderen Ausnahmefällen kann eine Befreiung von der Schulpflicht (§ 57 Abs. 2 BremSchulG) beantragt werden. Bei Anträgen auf Ruhen der Schulpflicht in besonderen Ausnahmefällen ist ein entsprechender Nachweis vorzulegen.
Der Antrag ist bei der Senatorin für Kinder und Bildung zu stellen.
Eine Schülerin oder ein Schüler kann von der Schulpflicht befreit werden, wenn ein wichtiger Grund dies rechtfertigt und hinreichender Unterricht oder eine gleichwertige Förderung anderweitig gewährleistet ist (§ 39 Abs. 2 HmbSG).
Anträge auf Befreiung vom Unterricht werden bei der zuständigen Schulbehörde gestellt.
Aus besonderen Gründen können Schülerinnen und Schüler vom Unterricht beurlaubt werden (§ 69 Abs. 3 HschG).
Bei Beurlaubungen über größere Zeiträume ist die Schulleitung zuständig (§ 69 Abs. 3 HschG).
Auf Antrag der Erziehungsberechtigten (…) kann eine Schülerin oder ein Schüler aus wichtigen Gründen vom Schulbesuch beurlaubt werden. Die Beurlaubung ist rechtzeitig schriftlich bei der Schule zu beantragen (§ 8 Abs. 1 SchulG M-V).
Über die Beurlaubung (…) bis zu drei Monaten entscheidet die Schulleiterin oder der Schulleiter, darüber hinaus die zuständige Schulbehörde.
Über die Befreiung einer Schülerin oder eines Schülers vom Unterricht bis zu drei Monaten (…) entscheidet die Schulleitung, für weitgehende Befreiungen ist die Landesschulbehörde zuständig. Eine Befreiung vom Besuch der Schule ist lediglich in besonders begründeten Ausnahmefällen und nur auf rechtzeitigen schriftlichen Antrag möglich. Der Antrag ist von den Erziehungsberechtigten (…) zu stellen (§ 63 Abs. 3.2 Amtlicher Teil NschG).
Die Schulleiterin oder der Schulleiter kann Schülerinnen und Schüler auf Antrag der Eltern aus wichtigem Grund bis zur Dauer eines Schuljahres vom Unterricht beurlauben (…). Längerfristige Beurlaubungen und Befreiungen bedürfen der Zustimmung der Schulaufsichtsbehörde (§ 43 Abs. 4 SchulG NRW).
Eine Beurlaubung vom Unterricht (…) kann aus wichtigem Grund erfolgen.
Eine Beurlaubung gewährt die Schulleiterin oder der Schulleiter. Die Vorlage einer schriftlichen Begründung und die Vorlage von Nachweisen kann verlangt werden (§ 38 Abs. 1, 2 SchulG Rheinland-Pfalz).
Urlaub vom Besuch der Schule darf nur in Ausnahmefällen gewährt werden. Er ist rechtzeitig beim Klassenlehrer zu beantragen (§ 9 Abs. 1 AschO Saarland).
Längerfristige Beurlaubungen werden von der Schulaufsichtsbehörde erteilt.
Ein Schüler kann nur in besonderen Ausnahmefällen vom Schulbesuch beurlaubt werden. Die Beurlaubung soll rechtzeitig schriftlich bei der Schule beantragt werden (§ 4 Abs. 1 SBO Sachsen).
Zuständig für die Entscheidung über (längerfristige) Beurlaubungen ist der Schulleiter.
Die Schulpflicht ruht, wenn (..) eine anderweitige geeignete Ausbildung oder Betreuung gesichert erscheint (§ 40 Abs. 7a SchulG LSA).
Die oberste Schulbehörde wird ermächtigt, durch Verordnung nähere Regelungen zu treffen.
Eine Schülerin oder ein Schüler kann auf Antrag aus wichtigem Grund vom Schulbesuch (…) beurlaubt werden (§ 15 Schleswig-Holsteinisches Schulgesetz).
Beurlaubungen von mehr als 6 Wochen werden von der unteren Schulaufsichtsbehörde ausgesprochen (§ 34 Schulbesuchsordnung).
Schüler können in dringenden Ausnahmefällen auf schriftlichen Antrag der Eltern beurlaubt werden (§ 7 Abs. 1 Thüringer Schulordnung).
Zuständig für die Entscheidung ist (…) das Schulamt (§ 7 Abs. 2).
*die Tabelle ist von Juni 2022. Die Politik ist zwar langsam, doch ändern tut sie doch schon manchmal was. Somit können wir hier keine Vollständigkeit noch Aktualität garantieren! Wenn Euch eine Veränderung auffällt, oder mal ein Link nicht mehr aktuell ist, würden wir uns freuen, wenn Ihr uns das mitteilt!
In den meisten Bundesländern müssen die Eltern also einen schriftlichen Antrag unter Angabe eines „wichtigen“ Grundes zumeist bei der Schulleitung stellen.
Bevor Ihr den Antrag vorschnell bei Eurem Schulleiter einreicht, empfehlen wir euch mit dem Klassenlehrer und anschließend mit dem Schulleiter ins Gespräch zu gehen. Erklärt ihnen Eure Pläne, informiert sie über die Dauer der Beurlaubung und lasst Euch idealerweise die Befürwortung des Klassenlehrers in Form einer schriftlichen Stellungnahme geben. Die Stellungnahme untermauert Euren Antrag bei der Schulleitung bzw. der Behörde.
Leider sind oft die Schulleitungen über ihre Entscheidungsfähigkeit zur Beurlaubungen nicht ausreichend informiert. Es ist daher immer ratsam, Euer Vorhaben durch die oben aufgeführten Verordnungen zu stützen.
Oft liegt am Ende die Entscheidung leider im Ermessen der Schulleitung oder der entscheidungsbefugten Personen. Daher ist es wichtig eine Kommunikationsebene zu nutzen, die zwar konkret aber nicht besserwisserisch erscheinen sollte. Denn hat Euer Gegenüber ein Verständnis für Euer Vorhaben, wird er sich für Euch einsetzen. Das Gefühl, mehr ungewollte Arbeit erledigen zu müssen, führt meist zum Widerstand.
Wir haben 2020 unsere Kinder aus der Schule ins Wohnmobil gepackt und begleiten sie beim selbstständigen Lernen, während wir Europa bereisen. Hier schreiben wir über unsere Erfahrungen vom Ausbrechen und vom Leben auf 10m² als Familie mit “großen” Kindern, wobei uns die Unterstützung von Eltern bei der Lernbegleitung am Herzen liegt.
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